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Rudern für ‚Sternbrücke‘: Wir haben mit Gründerin und Hospizleiterin Ute Nerge gesprochen

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Zwei Frauen am Rudergerät

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Weihnachten ist die Zeit des Gebens – deshalb veranstalten wir dieses Jahr, gemeinsam mit STATICS, PHYSICAL NATION, WIELAND MEDICAL und MRT DIAGNOSTIK DAMMTOR ein Spendenevent im Innenstadt Studio. Zwei Stunden lang wird für das Kinderhospiz ‚Sternenbrücke‘ gerudert. Wir haben dazu mit Hospizleiterin Ute Nerge über ihre Arbeit gesprochen.

In Deutschland leben rund 50.000 Kinder, Jugendliche und Minderjährige, die so schwer erkrankt sind, dass sie noch im jungen Alter sterben. Seit 2003 bietet das Kinder-Hospiz Sternenbrücke diesen Kindern und ihren Familien eine Unterstützung in der Entlastungspflege an, und gibt Hilfestellungen, um den Alltag zu bewältigen. Hospizgründerin und Initiatorin Ute Nerge hat uns mehr von ihrer Arbeit erzählt.

Frau Nerge, wie sind Sie eigentlich zu Sternenbrücke gekommen?

 

Ich habe früher als Kinderkrankenschwester gearbeitet und kam so schon früh mit dem Tod im Kindesalter in Berührung. Irgendwann habe ich ein neunjähriges Mädchen gepflegt, das sehr krank war und bei der Oma gelebt hat. Ich weiß noch, dass ich den Chef der Klinik fragte: „Was, wenn die Oma sich die Pflege nicht mehr leisten kann?“ Er antwortete: „Dann kommt sie in ein Hospiz.“ Ich fragte: „In ein Kinder-Hospiz?“ Er antwortete, dass es leider keine Kinder-Hospize gäbe. Da erfuhr ich zum ersten Mal, dass es Hospize nur für Erwachsene gab, nicht aber für all die vielen Kinder und Jugendlichen, die lebensbegrenzend erkrankt waren. Unvorstellbar: Es gab rund hundert Hospize nur für Erwachsene, aber keine Kinder-Hospize. Daran wollte ich etwas ändern.

 

Wie ging es weiter?

 

1999 wurde auf meine Initiative hin der Förderverein für das Kinder-Hospiz Sternenbrücke e.V. gegründet. 2003 konnten wir das Hospiz eröffnen.

 

Was genau macht die Sternenbrücke?

 

Wir begleiten Kinder, die an lebensbegrenzenden Krankheiten leiden, mit ihren Familien. Eltern und Geschwistern von schwer erkrankten Kindern bieten wir 28 Tage im Jahr nur für die Entlastungspflege an, in denen sie einmal Kraft schöpfen können, denn der Alltag wird oft sehr durch das erkrankte Kind bestimmt: Wenn Kinder zum Beispiel am Beatmungsgerät liegen, schlafen Eltern in der Nacht oft nicht mehr als 3-4 Stunden am Stück, da sie immer wieder nach dem Kind sehen, Medikamente geben und umlagern müssen und so weiter… und das über Jahre! Geschwister schwer erkrankter Kinder müssen oft in den Hintergrund treten. In unserem Haus bekommen sie viel Aufmerksamkeit von ihren Eltern, da diese die Pflege des erkrankten Kindes abgeben können und unsere Pädagogen kümmern sich um sie.

 

Erhalten alle Familien, die sich an Sternenbrücke wenden, einen Platz bei Ihnen? Oder müssen sie manche Familien auch abweisen?

 

Wir können jederzeit Kinder am Lebensende aufnehmen. Dafür ist immer ein Zimmer frei. Für die Entlastungspflege, also die jährlichen geplanten Aufenthalte, gibt es eine richtige Jahresplanung. Manchmal können wir Wünsche von festen Terminen nicht erfüllen. Dann gibt es eine Warteliste hierfür. Außerdem gucken wir immer, wer Entlastung aktuell am nötigsten hat.

 

Wofür werden Spendengelder wie aus unserem ‚Rowing for Good‘ verwendet?

 

Wir sind jährlich auf 1,8 Millionen Euro Spendengelder angewiesen – allein, um die Kosten für den laufenden Betrieb, die verschiedenen Therapieangebote – darunter Musik-, Schwimm- und Physiotherapie – für die erkrankten Gäste oder Weiterbildungen für die Mitarbeiter in der Pflege zu bezahlen. Aber auch, um unbürokratisch und schnell helfen zu können: Wenn Eltern zum Beispiel erkranken, nehmen wir das Kind spontan auf oder helfen ihnen, Unterstützung in der Häuslichkeit zu finden. Schwer kranke Kinder zu Hause zu pflegen, bedeutet oft auch ein finanzielles Problem: Wenn sich die Eltern primär um das Kind kümmern, fallen sie beruflich lange Zeit aus. Sie haben kein Einkommen mehr. Die Eltern sind häufig auf Hartz IV angewiesen. Die Anschaffungen von vielen kleinen und großen Hilfsmitteln stellen oft eine große finanzielle Herausforderung dar. Auch hier versuchen wir zu unterstützen.

 

 

„ICH HATTE GEHOFFT, WIR WÄREN ANSTECKEND WIE WINDPOCKEN“

 

 

Was würden Sie sich in Zukunft für kranke Kinder wünschen?

 

Ich würde mir mehr Pflegepersonal in ambulanten Diensten wünschen, damit die Eltern zu Hause mehr Unterstützung bekommen! Da herrscht leider ein großer Mangel! Und ich würde mir wünschen, dass es rollstuhlgerechte Leihwagen gibt. Schwerkranke Kinder werden heute dank ihrer guten medizinischen Versorgung älter; die Rollstühle werden deshalb mit der Zeit größer. Ein ständiger Wechsel von Fahrzeugen wäre nötig, aber für die Familien nicht bezahlbar. Dennoch benötigen Sie diese Fahrzeuge so dringend um zu Therapien und Ärzten zu kommen, wie auch zu Freunden und Familie um nicht in eine Isolation zu geraten. Großartig wären auch Hospize für junge Erwachsene ab 27 Jahre, mit dem Angebot der Entlastungspflege. Für diese Altersgruppe gibt es momentan nur die Pflegeeinrichtungen für alte Menschen. Die Bedürfnisse von jungen Menschen sind natürlich aber ganz andere.

 

Was hat sich seit der Gründung von Sternenbrücke und jetzt verändert?

 

Wir erfahren, dass der Umgang mit kranken Kindern inzwischen weniger tabuisiert wird. Ich hatte früher die Hoffnung, dass wir ansteckend sind, wie „Windpocken“, und heute gibt es tatsächlich schon 17 Kinderhospize in Deutschland. Wir haben mitgeholfen, ein Kinderhospiz in Kopenhagen auf den Weg zu bringen; hatten Besuch aus Vancouver, Boston, Norwegen, Schweden und Japan – auch da sollen Kinderhospize entstehen. Aber auch in den Köpfen hat sich einiges verändert: Familien mit schwerkranken Kindern werden mehr in die Mitte der Gesellschaft genommen und stehen nicht mehr am Rand. Das bemerken wir auch bei unseren Spenden: Früher wurde für uns auf Beerdigungen gesammelt; heute sind es auch Taufen und Hochzeiten.

 

 

 

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